Deutscher Gehörlosen Bund: Zitat von Dr. Baumbach ist diskriminierend und beleidigend

Gehörlose: Mit Erschrecken hat der Deutsche Gehörlosen-Bund e.V. den Artikel auf der Homepage des Berliner Schachverbandes e.V. und des Deutschen Fernschachbundes (veröffentlicht am 23.02.2012) zur Verleihung des Bundesverdienstkreuzes an Dr. Fritz Baumbach zur Kenntnis genommen.
Berlin (Behindertensport-News.de) -Dr. Fritz Baumbach äußert sich in seiner Dankesrede wie folgt:
„1970 wurde mir angeboten, die hörgeschädigten, überwiegend gehörlosen Schachspieler der DDR zu trainieren. Es handelte sich um die Nationalauswahl mit ungefähr 20 Spielern und einigen Jugendlichen, sie wurden speziell gefördert. 'Warum diese Sonderbehandlung?' haben manche gefragt, vielen ist das auch heute nicht klar. Die Hörgeschädigten gehören zum Behindertensport, nicht weil sie sich nicht so gut verständigen können, sondern weil sie in ihrer geistigen Entwicklung gehemmt sind. Hören und vor allem Sprechen sind die wichtigsten Elemente der geistigen Entwicklung des Menschen, ohne Gehör und die sprachliche Verständigung bleiben sie in der geistigen Entwicklung zurück. Das macht sich auch beim Schachspielen bemerkbar.“
http://www.berlinerschachverband.de/entry/401
http://www.bdf-fernschachbund.de/infos/schlaglichter.htm
Diese Aussage ist in höchstem Maße diskriminierend und beleidigend. Dr. Fritz Baumbach zieht damit die höchst fragwürdige Schlussfolgerung, dass eine Hörbehinderung automatisch eine kognitive Beeinträchtigung bedingt. Er bedient damit das Klischee „gehörlos=dumm“, gegen das sich Gehörlose seit den Mailänder Beschlüssen von 1880 immer wieder zur Wehr setzen müssen.
Der Deutsche Gehörlosen-Bund e.V. weist hiermit ausdrücklich darauf hin, dass gehörlose und hörbehinderte Menschen über die gleichen kognitiven Fähigkeiten wie Hörende verfügen. Hören ist nicht die Voraussetzung für Intelligenz und geistige Entwicklung. Die Deutsche Gebärdensprache verfügt über ein eigenständiges und komplexes Sprachsystem, mit dessen Hilfe alle Sachverhalte ausgedrückt und kommuniziert werden können. Sie ist als vollwertige Sprache in Deutschland anerkannt. Gehörlose Menschen können sich durch Gebärdensprache bilden und damit das gleiche Bildungsniveau erreichen wie Hörende.
Allerdings verhindern mangelnde Bildungschancen im deutschsprachigen Raum leider bis heute, dass alle Gehörlosen ihr kognitives Potential voll ausschöpfen können. Gehörlose Menschen müssen im Vergleich zu Hörenden wesentlich mehr Mühen aufwenden, um die gleiche Bildung zu erhalten. In den Förderzentren Hören und Kommunikation findet keine angemessene Unterrichtung in Gebärdensprache statt. Gebärdensprachkenntnisse sind keine Voraussetzung, um an einer Schule für Hörbehinderte zu unterrichten.
Diese Bedingungen führen dazu, dass die meisten Gehörlosen darauf angewiesen sind, sich im Selbststudium fortzubilden.
Der Deutsche Gehörlosen-Bund setzt sich aktiv dafür ein, dass im Sinne der UN- Behindertenrechtskonvention allen hörbehinderten Menschen ein lebenslanges Lernen in der Deutschen Gebärdensprache ermöglicht wird und der Unterricht für gehörlose Kinder und Jugendliche grundsätzlich bilingual erfolgt, also mit einer gleichwertigen Förderung in Laut- und Gebärdensprache.
Aus Sicht des Deutschen Gehörlosen-Bundes e.V. ist es höchst bedenklich, dass ein Träger des Bundesverdienstkreuzes und damit höchster staatlicher Auszeichnungen, eine Aussage trifft, in der 80.000 Personen in Deutschland pauschal als geistig zurückgeblieben bewertet werden.
Wir fordern Herrn Dr. Baumbach daher nachdrücklich auf, diese Aussage offiziell zu revidieren.
Der Berliner Schachverband e.V. und der Deutschen Fernschachbund wurden von Seiten des Deutschen Gehörlosen-Bundes bereits darauf hingewiesen, die diskriminierenden Inhalte von ihren jeweiligen Homepages zu entfernen.
Josef Hanio, Vorsitzender des Gehörlosen Sportclub Moers 42 e.V., Geschäftsführer des Allgemeinen Gehörlosen Vereins Moers und Geschäftsführer beim Gehörlosen Club Duisburg hat einen Offenen Brief an Dr. Friedrich Baumbach verfasst, auf den wir in diesem Zusammenhang gerne hinweisen möchten: http://bdf-fernschachbund.de/news_/printnews.php?nwsid=2191
Bundesgeschäftsstelle
Am Zirkus 4
10117 Berlin
Zentrale (089) 99 26 98 -95
Telefax (040) 99 26 98 -895
Den Dr. Baumbach sollte man anzeigen und verklagen!
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